Es gibt die Art von allein sein, bei der du die Zeit mit dir allein genießt. Und dann gibt es aber auch die andere Art von Alleinsein, über die es in diesem Beitrag geht, bei der du dich einsam, allein und abgeschnitten von deinen Mitmenschen fühlst.
Das Gefühl von Einsamkeit kann jeden treffen. Auch Familie, Freunde, Ruhm oder Geld können dich nicht davor schützen, dich einsam zu fühlen.
Hat dieses Gefühl, das tiefen Schmerz in dir auslöst, vielleicht auch einen tieferen Sinn?
Willkommen in unserer modernen Welt
Eigentlich würde man annehmen, dass wir durch die heutigen technischen Möglichkeiten unserem zwischenmenschlichen Kontakt leicht nachkommen können. Wir sind in den sozialen Medien miteinander vernetzt und die Kontaktaufnahme ist durch Telefon und Internet so einfach wie noch nie. Und doch fühlen sich die Menschen vermehrt einsam. In Deutschland sehen sogar mehr als 50 % der Menschen die Einsamkeit als großes Problem.
Unsere neue Welt kann nicht unser grundlegend biologisches Bedürfnis nach sozialer Nähe ersetzen!
Unsere Biologie ist veraltet
Unser Körper und Geist haben sich seit mehr als 50000 Jahren kaum verändert. Wir sind noch auf einem veralteten Stand aus einer Zeit, in der wir andere zum Überleben gebraucht haben. Wir Menschen haben früher in Gruppen zusammen gelebt. Allein war es nicht möglich, sich um das Essen, die Sicherheit, die Wärme, den Nachwuchs usw. zu kümmern. Man brauchte die Gruppe, um zu überleben. Dadurch wurde unser soziales Wesen stärker ausgebildet und tadaa: wir können sozialen Schmerz empfinden. Wir spüren Zurückweisungen und Distanzierungen.
Das Gefühl der Einsamkeit möchte uns also davon abhalten, uns zu isolieren. Denn ohne Gruppe, kein Überleben.
Der tiefere Sinn der Einsamkeit
Der tiefere Sinn der Einsamkeit liegt in deiner Natur. Du bist als soziales Wesen biologisch auf Gemeinschaft gepolt.
Du hast Grundbedürfnisse, die deinem Überleben dienen, z.B. ist Nahrung ein Grundbedürfnis. Wenn du nicht ausreichend gegessen hast, wird der Hunger dich daran erinnern, weil es lebensnotwendig ist Nahrung aufzunehmen. Genauso ist das auch mit dem Gefühl der Einsamkeit. Als soziales Wesen hast du das Grundbedürfnis nach sozialer Nähe und genau darauf macht dich das Gefühl der Einsamkeit aufmerksam.
Das Gefühl der Einsamkeit ist sozusagen dein sozialer Hunger, der dich daran erinnert, dass dein soziales Grundbedürfnis nicht gestillt ist: soziale Nähe, Zuneigung, Liebe, Akzeptanz, Anerkennung, Zugehörigkeit, …
Kreislauf der Einsamkeit
Aus Erfahrungen lernst du und befindest dich dadurch womöglich in deinem Kreislauf:
Hast du Erfahrungen gemacht von Isolation/Ausgrenzung aus einer Gruppe, entsteht daraus eine Überzeugung, z.B. ich bin nicht liebenswert. Dein sozialer Schmerz wird ausgelöst. Der führt zu Anspannung und Traurigkeit. Dadurch erhöht sich deine Wahrnehmung auf negatives Verhalten anderer. Du wirst misstrauisch. Dadurch wird deine Meinung über dich und andere schlechter. Dann verändert sich dein Verhalten, du wirst z.B. emotional kühler oder unfreundlicher. Du fängst an soziale Kontakte zu meiden und das fördert wiederum die Isolation und damit auch den sozialen Schmerzpunkt.
Wichtig: Du kannst jederzeit deinen Kreislauf durchbrechen. Er ist veränderbar. Wenn du zu einer neuen Überzeugung kommst, z.B. ich bin liebenswert, wird das deine Anspannung ändern, die wiederum Einfluss auf dein Verhalten hat.
Lies auch gern meinen Artikel: Wer bin ich?
Was kannst du gegen die Einsamkeit tun?
- Gefühl annehmen: Einsamkeit ist ein normales Gefühl. Jeder fühlt sich mal einsam. Das Gefühl ist da, um dich mit anderen in Kontakt zu bringen.
- Kreislauf der Einsamkeit anerkennen: Welche Erfahrungen hast du gemacht? Und welche Schlussfolgerung hast du daraus geschlossen?
- Selbstbild überprüfen: Wenn du denkst, dass du ein Mensch ohne Freunde bist, dann nehmen das auch deine Mitmenschen so wahr. Fühle in dich hinein, was du über dich denkst. Denn das nehmen auch andere wahr.
- Gib anderen eine Chance: Nimm an, dass sie dir nichts Böses wollen. Riskiere dich zu öffnen.
- Hilfe einholen: Wenn du deine tief sitzenden Muster nicht aufdecken kannst, nicht weißt, woran es genau hängt oder wie du es umsetzen kannst: Hol dir Hilfe! Es gibt da draußen Menschen (wie mich), die gelernt haben, unbewusste Muster aufzudecken.
Warum du dich auch unter Menschen einsam fühlst
Da gilt: Qualität vor Quantität!
- Du brauchst nicht mehr Freunde, sondern engere Freundschaften.
Tiefe und enge Verbundenheit gibt es nicht an jeder Ecke zu finden.
Geh los und suche dir Menschen, die dir dieses Gefühl geben. Irgendwo da draußen sind die Personen! - Führe tiefe Gespräche mit den Menschen, die dich umgeben. Zeig Interesse an ihrem Leben und lass sie auch an deinen Gefühlen teilnehmen.
- Lege dein Handy zur Seite und widme dich dem echten Leben.
Meine Erfahrungen mit der Einsamkeit
Ich habe mich in meinem Leben schon sehr oft einsam gefühlt. Immer mal wieder war es spürbar, aber verschwand auch immer wieder von ganz allein. Doch eines Tages war das Gefühl der Einsamkeit sehr stark in mir zu spüren. Ich verstand überhaupt nicht, warum ich mich so einsam fühlte, denn ich hatte einen Mann, zwei Kinder und war mit anderen Menschen in Kontakt. Die Einsamkeit wurde mein ständiger Begleiter, egal ob ich allein war oder unter Menschen.
Nachdem ich verstanden hatte, was mir das Gefühl der Einsamkeit sagen möchte, schaute ich ganz genau hin. Dabei fiel mir auf, dass ich mir kaum Zeit genommen hatte für echte soziale Nähe. Durch die Arbeit, die Kinder, sonstige Verpflichtungen, Fernsehen und Handy ist mir das gar nicht aufgefallen.
Das habe ich dann getan:
- Ich habe überlegt, bei welchem Mensch ich mich in meinem Leben gut gefühlt. Ich habe sie angerufen und den Kontakt wieder aufleben lassen.
- Mit meinem Mann führe ich tiefere und offenere Gespräche. Vor allem, wenn ich das Gefühl der Einsamkeit habe. Dann gehe ich zu ihm und öffne mich, anstatt mich zu verschließen.
- Ich spreche offener über meine Gefühle und gehe die damit verbundene Verletzlichkeit ein.
- Ich habe Kurse/Fortbildungen/Seminare besucht und Menschen mit gleichen Interessen kennengelernt.
Ich verstehe heute, was mir das Gefühl der Einsamkeit sagen möchte. Nämlich: Ich habe hunger! Hunger nach sozialer Nähe. Bitte besorge mir was zu essen!
Sobald ich mich einsam fühle, weiß ich, dass es wieder Zeit für soziale Nähe ist. Ich frage dann meinen Mann, ob er Zeit hat, mit mir zu quatschen oder ich schnappe mir den Telefonhörer und rufe meine beste Freundin an.
Zum Schluss möchte ich dir unbedingt noch sagen: Du bist nicht allein!
Teile von Herzen gern in den Kommentaren, was du machst, wenn du dich einsam fühlst.
Ein Kommentar zu “Warum du dich einsam und allein fühlst?”